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Piktogramme retten Leben, und Icons machen Spass

Im März nahm die Abteilung Bedrohungsmanagement Basel-Stadt ihre Tätigkeit auf. Seit Jahren haben wir die Abteilung kommunikativ begleiten dürfen – vom Vorschlag des Regierungsrats über Schulungen bis hin zum grossen Start und darüber hinaus. Unter anderem haben wir für das KBM auch eine Symbolbibliothek entwickelt. Sie taucht in der Welt des KBM Basel-Stadt immer wieder auf. Just bei dieser Arbeit kam im bom!-Team die Diskussion auf, ob das nun Icons oder Piktogramme sind. Eine interessante Frage, der wir in diesem Artikel mal auf den Grund gehen wollen.

Die Designer Rayan Abdullah und Roger Hübner schreiben in Piktogramme und Icons – Pflicht oder Kür?: «Piktogramme retten Leben, und Icons machen Spass.» Auf's KBM passt das ja fast etwas zu gut: Die Abteilung hat die Aufgabe, schwere Bedrohungen, die gegen Leib und Leben gerichtet sind, frühzeitig zu erkennen, einzuschätzen und zu entschärfen. Damit rettet sie sicher manchmal Leben. Also Fall abgeschlossen? Sind es Piktogramme? So einfach ist das in diesem Fall nicht. Die Zeichen hier haben sowohl Merkmale von Piktogrammen als auch von Icons. Und einige Elemente sind Symbole.

Zeichen als Grundelemente der Kommunikation

Machen wir erstmal einen Schritt zurück: Alle Symbole, Piktogramme und Icons sind Zeichen. Aber nicht alle Zeichen sind Symbole, Piktogramme oder Icons. Denn wenn man den Zeichenbegriff sehr weit fasst, dann ist genau genommen auch Rauch ein Zeichen von Feuer. Aber um die KBM-Zeichen einordnen zu können, benötigen wir eigentlich nur die Definition von Zeichen, die der Schrift-Kommunikation dienen. Der Sprachwissenschaftler Ferdinand de Saussure hat zum Ende des 19. Jahrhunderts zwischen Bezeichnetem und Bezeichnendem unterschieden.

Das Bezeichnete ist dabei ein Konzept von etwas, zum Beispiel von «Polizei». Alle, die schon etwas auf die nächste Grafik geschielt haben, werden jetzt auf die Frage, woran sie bei «Polizei» denken, vermutlich schnell «Blaulicht» sagen, aber das Konzept «Polizei» umfasst vor allem dazugehörige Begriffe wie: Sicherheit, Gesetze, möglicherweise einen prototypischen Polizisten und so weiter.

Dagegen ist das Bezeichnende das dem Konzept zugeordnete Lautbild. Das heisst in diesem Fall die Lautzeichenfolge P-o-l-i-z-e-i. Und obwohl die gewählten Schriftzeichen vollkommen willkürlich dem Konzept «Polizei» zugeordnet sind, das heisst, dass sie auch nicht durch ihr Aussehen an «Polizei» erinnern, gehören sie doch eindeutig zusammen. Wenn das nicht so wäre, dann wäre eine zwischenmenschliche Kommunikation fast unmöglich.

 

Ein Symbol steht für etwas, das nicht da ist

Bei Symbolen ist es so ähnlich, nur dass sie, neben der Zuordnung von Bezeichnetem und Bezeichnendem eine weitere Bedeutungsebene transportieren. Symbole sind Sinnträger, die nicht-materielle Eigenschaften vermitteln können und nicht nur das Konzept von etwas Konkretem anzeigen, sondern die dahinterliegende Idee von etwas. Um Symbole zu verstehen, muss man also erstmal die zugrundeliegenden Ideen verstehen. Das können im öffentlichen und privaten Raum ganz unterschiedliche Dinge sein, wie zum Beispiel Religion, Politik oder Traditionen. Und weil Symbole häufig hochgradig kulturell und sozial aufgeladen sind, braucht es für ihr Verständnis einen bestimmten Kontext, welcher das Symbol als Sinnbild entschlüsselt. Für unseren Bedrohungsmanagement-Kontext ist das insofern relevant, als dass manche der Zeichen klare Symbole enthalten. Zum Beispiel das Farbsystem: rot steht in unserer Kultur für Konflikte und starke Gefühle, grün und blau eher für Ruhe. Auch die Waage im Zeichen für «Gerichte», ist ein weit verbreitetes Symbol.

 

Piktogramme sind eindeutig

Im Grunde bedeutet das Wort Piktogramm so viel wie Bildschrift. Und darum könnte in diesem Fall auch nichts zutreffender sein als das Sprichwort «Ein Bild sagt mehr als tausend Worte», denn genau das sollen Piktogramme tun: Sie geben Anweisungen, Hinweise und erteilen Verbote. Durch den Verwendungskontext ist ihre Bedeutung vom Betrachtenden eindeutig zu interpretieren. Ein Piktogramm ist ein selbsterklärendes Abbildungssystem: So reduziert wie möglich erklären geometrische Formen (meist mit hohem Kontrast wie schwarz auf weiss, gelb auf blau etc.) bestimmte Handlungsanweisungen an einem bestimmten Ort. Beispiele dafür ist die Signaletik von Rauchverboten und Info-Points am Bahnhof, Kennzeichnungen für Fussgängerzonen, sowie landende oder abhebende Flugzeuge am Flughafen. Piktogramme brauchen also unbedingt einen bestimmten Anwendungsort, so dass ihre Bedeutung eindeutig interpretierbar ist. Die weltweite Vereinheitlichung von Piktogrammen hat vor allem den Zweck von Sicherheitsgewährleistung und Orientierungshilfen beim Handel und Transport, aber eben auch bei der zweckmässigen Kommunikation von eindeutigen Botschaften. So wie: Hier gibt es eine Toilette.

 

Icons vermitteln und unterhalten

Während Piktogramme nämlich möglichst gradlinig und reduziert gestaltet werden, um ihre eindeutige Interpretierbarkeit zu gewährleisten, haben Icons eher einen Unterhaltungsanspruch. Zwar sind sie im Grunde auch selbsterklärend und drücken Emotionen, Stimmungen oder das Wetter aus, jedoch tauchen sie vor allem in der privaten und digitalen Kommunikation auf und sind bunt, detailreich und manchmal sogar animiert. Trotz ihrer reduzierten Erscheinung und dem klaren Anwendungsort, sind die KBM-Zeichen mehr Icons als Piktogramme. Das erschliesst sich aus ihrer Verwendung. Das folgende Beispiel stammt aus einem Lehrfilm des KBM. Er vermittelt in einer Animation, welche Rolle das Bedrohungsmanagement in einer gefährlichen Situation mit einer gefährdenden und einer gefährdeten Person einnimmt, ohne dass es zum Polizeieinsatz kommt. Die Zeichen geben hier keine direkte Handlungsanweisung an Zuschauer des Lernfilms. Sie sollen illustrieren und die Vermittlung erleichtern, um also auf das Buch vom Anfang zurückzukommen: Sie sollen Spass machen. Dadurch vermitteln sie erfolgreich Inhalte. Und im Fall des KBM retten sie damit natürlich vielleicht auch Leben.

Der ursprüngliche Artikel wurde publiziert von Lea Kubeneck